Die Kunst richtig zu scheitern


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oder wieso tote Pferde nicht weiter geritten werden sollten

Niemand scheitert gerne. Weder im Beruf, noch im Privaten. Dabei lernen wir schon als kleine Kinder, dass Misserfolge zum Lernprozess dazu gehören. Wir scheitern, probieren uns aus, scheitern wieder und lernen daraus. Doch je älter wir werden, desto negativer wird unser Blick auf das Thema „Scheitern“ oder „Misserfolg“ geprägt. Viele von uns trainieren sich dabei, auch durch schulische Erfahrungen geprägt, eine regelrechte Verlustaversion an.

Die Folge: Misserfolge werden schwerer gewertet als Erfolge. Das führt zu einer Verzerrung des Gesamtbildes. Es werden zehn neue Kunden gewonnen- gut! Ein Kunde geht verloren: eine Katastrophe! Gewinn und Verlust stehen so in keinem Verhältnis mehr. Das ist ein Gefühl, dass viele Führungspersonen täglich erleben und das zu weitreichenden Konsequenzen führen kann. Denn aus einer Verlustaversion können sich sehr schnell problematische Verhaltensweisen entwickeln.

Eigentlich gescheiterte Projekte werden trotz besseren Wissens weitergeführt. Niemand will offen eingestehen, dass das Projekt gescheitert ist. Es werden weiter Zeit- und Geldressourcen in etwas hineingesteckt, das keinen Mehrwert liefern wird. Ein riesiger Verlust, der immer grösser wird. Das kann durch richtiges Scheitern verhindert werden!

Richtiges Scheitern ist die Kunst zu erkennen, wann es gilt vom Pferd abzusteigen. Bei den Dakota Indianern gibt es eine sehr passende Weisheit dazu: „Wenn Du entdeckst, dass du ein totes Pferd reitest, steig ab.“

Menschen mit Verlustversionen haben allerdings ein großes Problem mit dem Absteigen. Stattdessen besorgen sie neue Reiter, neue Peitschen, schauen sich an, wie tote Pferde an anderen Orten geritten werden oder reden sich mit den Worten raus: „So wurden Pferde bei uns schon immer geritten“. Es werden neue Kriterien eingeführt, wann Pferde wirklich tot sind und es werden zusätzliche Mittel investiert, um das Pferd zu unterstützen. Natürlich bleibt das Pferd trotzdem tot.

Wer tote Pferde reitet, der investiert erstens unnötig Geld und Ressourcen und lernt zweitens nichts aus den gemachten Fehlern. So kann in einem Unternehmen kein Wachstum entstehen. Im Gegenteil: Verlustaversion bedeutet Stillstand. Denn aus Fehlern lernen wir.

All die Gelder und Ressourcen könnte stattdessen in etwas Sinnvolles fließen. Zum Beispiel in die Aufarbeitung des gescheiterten Projektes. Warum ist es gescheitert, was lernen wir daraus, wie können wir zukünftig vermeiden, dass so etwas passiert.

Um als Unternehmen nicht ausschliesslich im reaktiven Modus zu sein empfehlen wir ein institutionalisiertes Lernen einzuführen: Räume zu schaffen in denen aktiv Wissen gehoben wird. Im Scrum sind das beispielsweise Daily und Retrospektive, in SAFe auch das Inspect & Adapt. Es bietet sich an, lernen durch entsprechende Retrospektiven Formate wie „Pre Mortem“, „Incident Timeline Analysis“ oder andere Formate aktiv zu fördern.

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